Leidest du unter dauerhaftem Stress und fehlender Bewegung? Dann kannst du sicher ein Lied singen von Verhärtungen oder Verspannungen der Muskulatur, die unbehandelt zu Fehlhaltungen bis hin zu chronischen Schmerzen führen können. Doch soweit muss es nicht kommen! Ein gezieltes Training der Faszien kann nach neuesten Erkenntnissen erfolgreich Abhilfe schaffen – und stärkt auch unsere Hauptbaustelle, den Rücken.
Straffer Körper: Bindegewebe in Form
Der Begriff der Faszien leitet sich vom lateinischen „Fascia“ ab und bedeutet so viel wie „Verbund, Bündel, Verbinden“. Unter Faszien versteht man also ein Bündel von einzelnen Fasern, die zusammen das Bindegewebe im menschlichen Körper bilden. Diese Stränge sind mit durchschnittlich zwei Millimetern winzig klein, können jedoch eine Zugkraft von mehr als 60 Kilogramm aushalten. Diese Fähigkeit macht Faszien so reißfest.
Da sie hauptsächlich aus einem Geflecht von sogenannten Kollagenfasern bestehen, also eiweißhaltigen Strängen in einer wässrig-klebrigen Grundsubstanz, sind sie – im Gegensatz zu den roten Muskelfasern – nahezu farblos. Dieses durchsichtige Gewebe durchdringt deinen ganzen Körper und gibt ihm seine straffe Form – ein körperweites Netzwerk.
Tolles Team: Faszien und Muskeln
Faszien befinden sich vereinfacht gesagt überall dort, wo Muskeln sind. Denn das Bindegewebe umhüllt, schützt und strafft sie – und gibt deinem Körper ein vitales Aussehen. Außerdem nehmen gesunde, trainierte Fasern dank ihres Katapult-Mechanismus den Muskeln einiges an Arbeit ab: Wenn beispielsweise ein Gewichtheber 350 Kilogramm in die Höhe stemmt, dann ist daran zu 80 Prozent das Gewebe im Körper aktiv beteiligt – und überträgt die Kraft der Muskeln auf deine Gelenke! Faszien sind ungemein beweglich und lassen sich wie Muskeln zusammenziehen, allerdings unterscheiden sie sich in der Anpassung: Sie sprechen nicht so schnell auf regelmäßiges Krafttraining an wie Muskeln.
Faszien-Training: langfristiger Erfolg
Das Bindegewebe benötigt mindestens drei Monate, um sich an neue Trainingsreize anzupassen und dadurch den Muskeltonus, also den Spannungszustand deines Körpers, zu erhöhen. Grund ist der Umbauprozess der Bindegewebszellen, die erst nach einer gewissen Zeit vermehrt Kollagen, also Eiweiß, produzieren und somit das Gewebe straffen. Deshalb sollte dein Faszien-Training immer langfristig angelegt sein.
Die gute Nachricht für alle Ungeduldigen ist: Die dadurch hervorgerufenen Veränderungen sind weitaus nachhaltiger als die durch regelmäßiges Krafttraining. Während ein dicker Muskel bereits nach zwei Wochen Krankheit erschlafft, kann der straffe Zustand des Bindegewebes selbst bei längerer Untätigkeit erhalten werden. Faszien lieben einen moderaten Wechsel aus An- und Entspannung und sollten daher mindestens 48 Stunden lang geschont werden. In dieser Zeit können sie sich ausreichend erholen und wieder frisches Kollagen produzieren. Wenn dir also wenige Tage nach deinem Krafttraining die beanspruchten Muskeln wehtun, dann ist das nicht immer ein Muskelkater, sondern kann auch ein Faszienkater sein!
Lockerung auf der Matte: wenig Zeitaufwand, mehr Beweglichkeit
Damit dein Bindegewebe bis ins hohe Alter geschmeidig bleibt wie eine Katze, musst du es regelmäßig lockern. Am besten übst du zwei Mal pro Woche, jeweils zehn Minuten auf einer Gymnastik- oder Yoga-Matte. Das ist die Empfehlung des renommierten Ulmer Faszien-Forschers Dr. Robert Schleip. Der Schwabe weiß aus eigener Erfahrung: „Man muss seine Faszien pflegen wie einen schwäbischen Bausparvertrag.“ Weniger ist also mehr, besonders am Anfang.
Regelmäßige Übung bringt dir jedenfalls nicht nur deine Schmerzfreiheit zurück, sondern auch Beweglichkeit im Alltag sowie ganzheitliches Wohlbefinden. Besonders am Rücken wirst du schon bald erste Erfolge spüren: Denn hier sitzt eine flächenmäßig große Faszie, die vielen Menschen Beschwerden bereitet. Wenn du die sogenannte Lendenfaszie am unteren Rücken trainierst, lässt der Schmerz in diesem Bereich langsam, aber sicher nach – und du kannst, so in deiner Mitte gestärkt, viel aufrechter durchs Leben gehen!
Einsteiger-Übung: Rekeln gegen Rücken
Als Einsteiger empfiehlt es sich, mit aktiven Dehnübungen zu beginnen, etwa der Rekel-Dehnung nach dem Vorbild einer Katze: Krall dich mit den Händen an einem Punkt auf dem Boden fest und zieh deinen Rücken in Richtung Po nach hinten. Halte die Spannung für einen kurzen Moment und genieße die wohltuende Wirkung danach: Du wirst fasziniert sein, wie viel Beweglichkeit in deinem Rücken steckt!
Weiterführende Infos zum "Fitnesstrend Faszien" findest du in unserem Magazin
Über die Autorin:
Nora Reim studierte Rechtswissenschaften und Sport-Journalismus in Marburg und Norwich. Nach einer Weiterbildung zur Online-Journalistin arbeitete sie zunächst als Sport-Redakteurin in München. Im Jahr 2013 machte sich Reim selbstständig. Ihre Schwerpunkte sind Ausdauersport, Fitness und Fußball. Die gebürtige Schwäbin arbeitet in Nürtingen.
Informationen zum Buch:
Faszien. Kompakt-Ratgeber. Nora Reim mit einem Vorwort von Faszien-Experte Dr. Robert Schleip. Mankau Verlag, Februar 2016. 7,99 Euro (D) / 8,20 Euro (A). ISBN 978-3-86374-287-4
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